Mexikanische Feste - und Tipps zum fröhlichen FeiernIn sieben Kurztexten beleuchtet der in Mexiko lebende Student Andree Müller die ausgeprägte Freude der Mexikaner am Feiern. Er gibt Tipps, wo und wie Reisende diese Feste genießen können.
Der landesweit überschwenglich zelebrierte Unabhängigkeitstag in Dolores Hidalgo ist besonders bunt, da Miguel Hidalgo hier den Grito de la Independencia ausgerufen hat. Jährlich im Oktober steht Guanajuato für mehrere Wochen dank des Cervantinos Kopf. Für schöne Abende in jeder Jahreszeit stellt Andree Müller exemplarisch die beiden Kneipen "Los Lobos" in Guanajuato und "Piper - for Lovers" in Barra de Navidad vor.
Im Rahmen seiner allgemeinen Hinweise für unbeschwerte Feste hat er Tipps für Raucher und Ratschläge für den Umgang mit der Polizei zusammengestellt. Abschließend verrät er ein vielleicht überraschendes Zauberwort.
Viva México, cabrones!
Auch wenn Mexiko erst im September 1821 die Unabhängigkeit von Spanien erlangte,
ist für die Mexikaner der 16. September 1810 das entscheidende Datum der Geschichte.
Eben an diesem Tag rief der Priester Miguel Hidalgo in dem verschlafenen Städtchen
Dolores die Unabhängigkeit aus. Er musste dafür mit seinem Leben bezahlen;
sein abgetrennter Kopf wurde als Abschreckung an der Alhondiga in Guanajuato
aufgehängt.
Heute wird jedes Jahr in der Nacht zum 16. September die Unabhängigkeit Mexikos
gefeiert, es ist ein offizieller Feiertag. Überall im Land wehen mexikanische
Fahnen, feiern die Menschen ausgelassen die Loslösung von den spanischen Kolonialherren.
Auch in Dolores, der kleinen Stadt im Staate Guanajuato, die heute Dolores
Hidalgo heißt, wird dieses Ereignis ausgelassen gefeiert.
Bereits nachmittags strömen Tausende von Menschen durch die Straßen, geschmückt
und geschminkt in den Nationalfarben. An zahlreichen Ständen kann so manche
kulinarische Köstlichkeit gekauft werden, damit der Magen nicht leer bleibt
an diesem wichtigen Tag.
Alkohol darf jedoch erst konsumiert werden, wenn um 23 Uhr der Schrei "Viva
México!" - von vielen gerne in ein ausgelasseneres "Viva México, cabrones!"
umgewandelt - ausgerufen wird und am Himmel ein Riesenfeuerwerk die Nationalfarben
erscheinen lässt.
Nachdem man sich an einem der hoffnungslos überfüllten Getränkeläden mit Tequila
und Limonade eingedeckt hat, setzt man sich mit Freuden einfach irgendwo hin
und trinkt. Andere tanzen ausgelassen auf den Straßen und feiern auf diese
Weise den Nationalfeiertag Mexikos; eine Feier, die bis zum Sonnenaufgang
andauert.
Festival Internacional de Cervantino
In Guanajuato lebt der weltbekannte spanische Dichter Miguel de Cervantes
fort. Bei einem Besuch im dortigen Museo Iconográfico del Quijote kann man
Exponate aus drei Jahrhunderten bewundern, die der 1941 nach Mexiko emigrierte
Spanier Eullaio Ferrer der Stadt geschenkt hat.
Eine weitere Verbindung zu Cervantes ist das Festival Internacional de Cervantino,
welches jedes Jahr für knapp drei Wochen im Oktober stattfindet. Während dieser
Zeit locken Theateraufführungen, Konzerte und Ausstellungen Kulturbegeisterte
aus der ganzen Welt nach Guanajuato. Nicht umsonst wird das Festival als eines
der wichtigsten Kulturfestivals ganz Lateinamerikas angesehen.
Schon Monate vor dem Beginn der Veranstaltungen sind sämtliche Hotelzimmer
in Guanajuato für die Oktoberwochen ausgebucht. Zahlreiche Privatleute nutzen
die Gelegenheit und vermieten Zimmer zu überhöhten Preisen an zahlungswillige
Besucher, die reichlich erscheinen.
Neben dem offiziellen Cervantino-Festival, bei dem die Eintrittspreise beinahe
deutsche Dimensionen annehmen, gibt es ein alternatives Programm, das vornehmlich
unter freiem Himmel stattfindet. Im Rahmen dieses Alternativo de Cervantino
treten Straßenmusiker, Laienschauspieler usw. gratis auf und locken ebenfalls
zahlreiche Menschen an. Deren Publikum jedoch schläft nicht in den luxuriösen
Hotelbetten, sondern vorwiegend in Zeltlagern oder einfach auf der Straße.
Eben diese Kleinkünstler und deren Publikum sorgen für eine sehr lebhafte
Atmosphäre in Guanajuato. Sie sind es auch, die nachts auf den Straßen unterwegs
sind und dafür sorgen, dass es in den Bars zu einer derart guten Stimmung
kommt, die man zu keiner anderen Zeit im Jahr in Guanajuato erleben kann.
Die Atmosphäre wirkt in etwa so, als wenn man die Uhren in die Epoche der
Hippies zurückgedreht hätte. Überall wimmelt es von bunt gekleideten Leuten,
die mit Gitarren unterwegs sind und spontan Lieder singen; andere verkaufen
Ledersachen, Schmuck oder Freundschaftsbänder auf dem eigens dafür eingerichteten
Hippiemarkt.
Und abends trifft sich dann alles in den Bars zum Tanzen. Oder man feiert
einfach auf der Straße bis in die frühen Morgenstunden und leistet so seinen
persönlichen Beitrag dazu, dass die Stadt auch nachts nicht zur Ruhe kommt
und sich die arbeitende Bevölkerung morgens unausgeschlafen an ihrem Arbeitsplatz
einfindet.
Los Lobos
In Mexiko ist es nicht immer einfach, Kneipen zu finden, in denen Rock oder
Alternative gespielt wird.
Deshalb ist das Los Lobos so etwas wie ein Geheimtipp unter den Bars in Guanajuato.
Es gibt ein T-Shirt dieser Bar, auf dem steht, dass alle Wege zum "Los Lobos"
führen. Wenn man bedenkt, dass Guanajuato sehr klein und überschaubar ist,
stimmt das. Um die ganze Sache aber zu erleichtern, kommt hier eine konkrete
Wegbeschreibung: Wenn man vor dem Teatro Benito Juarez steht, und zwar so,
dass die Treppenstufen vor einem sind und man den Eingang sieht, braucht man
nur die lange Straße nach links hinunter zu gehen, bis man an deren Ende eine
Kirche erblickt. Auf der Ecke, der Kirche genau gegenüber, befindet sich das
"Los Lobos".
Wenn man vor zehn Uhr abends ankommt, ist in aller Regel immer noch einer
der wenigen Holztische zu ergattern, auf denen unzählige Gäste ihre Namen
oder Sprüche eingeritzt haben. Bei großem Andrang kann auch auf die zweite
Etage ausgewichen werden. Die Flasche Corona oder Victoria kostet 10 pesos,
die Flasche Negra Modelo bekommt man für 15 pesos. Longdrinks sind etwas teurer,
aber sehr empfehlenswert. Der Kellner kommt direkt an den Tisch, um die Bestellungen
aufzunehmen.
Hinter der kleinen Theke stehen meist zwei Mexikaner, von denen einer die
Getränke zubereitet und der andere die Musik auflegt. Wünsche werden immer
gerne erfüllt, manchmal muss man sich aber etwas gedulden. Es ist alles im
Programm, was man als Fan der etwas härteren Musik so hört. Einfach fragen!
Wenn Uva, so heißt der für die Musik Verantwortliche, einen Titel einmal nicht
da hat, besorgt er ihn bestimmt bis zum nächsten Abend.
Piper - for Lovers
Es gibt etwas, das man sich als Mexikoreisender nicht entgehen lassen sollte.
Ich spreche von einer Bar namens "Piper - for Lovers", die man in dem kleinen
Örtchen Barra de Navidad direkt am Pazifik findet.
Vom Busbahnhof in Guadalajara aus fahren mehrmals täglich klimatisierte Busse
mit WC und Video an Bord nach Barra. Primera Plus heißt das Busunternehmen
und die Hin- und Rückfahrkarte kostet 180 pesos.
"Piper - for Lovers" ist eine kleine, gemütliche Bar, die von dem Biker Piper
betrieben wird, der ihr auch diesen Namen gegeben hat. Piper ist immer daran
interessiert, mit seinen Gästen ins Gespräch zu kommen. Ganz besonders freut
es ihn, wenn Deutsche seine Bar aufsuchen. Er erzählt begeistert davon, welche
Mengen Alkohol die Deutschen vertragen. Während Mexikaner oder US-Amerikaner
schon den Verlust der Muttersprache zu beklagen haben oder von ihrem Barhocker
fallen, trinken die Deutschen immer noch - ohne die geringsten Erschöpfungserscheinungen.
Diese Ansicht zumindest vertritt Piper.
In Pipers Bar gibt es die beste Pina Colada weit und breit. Schon die Gläser,
in denen dieses köstliche Getränk serviert wird, sind ein Genuss für das menschliche
Auge. Das Getränk selbst ist einmalig lecker und genau das Richtige in einer
schwülen Nacht. Der Preis von 30 pesos entspricht voll und ganz einem guten
Preis-Leistungs-Verhältnis.
Billardtische stehen den Gästen kostenlos zur Verfügung, und der Kellner spielt
gerne mal eine Partie mit den Gästen, wenn er nicht gerade damit beschäftigt
ist, Cocktails an die Tische zu schleppen.
Piper selbst steht hinter dem Tresen und legt alles auf, was sich der Gast
wünscht. Hier ist der Gast noch König. Gastfreundlichkeit wird zwar überall
in Mexiko sehr groß geschrieben, aber so wohl wie bei Piper habe ich mich
nirgendwo anders gefühlt.
Und wenn man dann schon einmal in Barra ist, sollte man sich den Strand nicht
entgehen lassen. Glücklicherweise ist Pipers Bar nicht weit vom Strand entfernt.
Nachts baden gehen sollte man allerdings nur dann, wenn die Strömung nicht
zu stark ist und man nicht so schnell den Grund unter den Füßen verlieren
kann, gerade in der Dunkelheit und nach dem Genuss von Alkohol.
Eine preiswerte Unterkunft bekommt man in dem Hotel "Posada Pacifico". Das
Doppelzimmer kostet dort 170 pesos. Eine Klimaanlage ist vorhanden. Und selbst
wenn man bereits um sechs Uhr morgens mit dem ersten Bus ankommt, kann man
das Zimmer sofort beziehen.
Tipps für Raucher
1. Lege deine Zigarettenschachtel nie offen sichtbar auf den Tisch. Das kommt
einer Einladung für Schnorrer gleich. Es gibt in Mexiko zwar viele Raucher,
doch nur wenige kaufen sich selbst Zigaretten.
2. Wenn du jemandem eine Zigarette anbietest, so gib ihm nur eine. Ansonsten
bietet er die ganze Schachtel seinen Freunden an und du bekommst sie womöglich
leer zurück.
3. Wenn du jemandem eine Zigarette anbietest, so halte ihm die Schachtel mit
einer hervorstehenden Zigarette hin. Gib ihm nie eine Zigarette direkt in
die Hand. Das wird als ablehnende Geste verstanden.
4. Wenn du einem Pärchen Zigaretten anbietest, so gib der Frau zuerst eine
Zigarette. Wenn du die Zigaretten anzünden willst, ist zuerst der Mann an
der Reihe. Andernfalls sieht es so aus, als wenn du Interesse an der Frau
bekundest.
Ordnungswidrigkeiten
Leider ist es in Mexiko so, dass die (schlecht bezahlten) Polizisten nichts
unversucht lassen, um ihr Gehalt ein wenig aufzubessern. Es wimmelt überall
von so genannten Hilfspolizisten, die sich den Tag oder die Nacht um die Ohren
schlagen und ständiger Langeweile ausgesetzt sind.
Was bietet sich da Besseres an, als naiven Touristen einige pesos abzuknöpfen?
Gründe lassen sich immer finden. So ist beispielsweise eine multa (Strafe)
fällig, wenn in der Öffentlichkeit Alkohol konsumiert wird oder man seine
Blase an einem Baum entleert. Das beschränkt sich keineswegs auf geschäftige
Straßen oder Plätze, wo das Ganze ja wirklich als öffentliches Ärgernis gewertet
werden könnte. Nein, der Hilfspolizist ist auch nachts auf der Lauer, wenn
ansonsten kein Mensch auf der Straße ist, außer den Träumern, die auf die
Idee kommen, unter dem wunderschönen mexikanischen Sternenhimmel ein Bier
zu trinken oder hinterher ihre Blase an einer Mauer zu entleeren, weil weit
und breit keine öffentliche Toilette zu finden ist.
Von Vorteil erweist es sich, wenn man die spanische Sprache etwas beherrscht.
Zumindest die Zahlen sollte man können, denn in der Regel lässt der Polizist
immer mit sich handeln. Das Strafgeld wandert ohnehin in seine eigene Tasche,
eine Quittung wird nicht ausgestellt.
Alemania
Alemania ist ein Zauberwort in Mexiko. Zuerst werden fast alle Touristen pauschal
für Gringos gehalten. Doch die US-Amerikaner haben in Mexiko nicht gerade
den besten Ruf und stehen somit auf der Beliebtheitsskala auch nicht sehr
weit oben. Sobald man in Mexiko aber erklärt, dass man keineswegs Ami ist,
sondern Deutscher, also aus Alemania, hat man so etwas wie ein Zauberwort
gesprochen. Der Sesam der Freundlichkeit öffnet sich. Nun ist der Mexikaner
nicht mehr aufzuhalten, seine Begeisterung ist durch nichts mehr zu bremsen.
Zu groß ist seine Freude über den Gast aus Deutschland, der den weiten Weg
aus Europa auf sich genommen hat, um Mexiko einen Besuch abzustatten.
"Bienvenidos a México. Lo digo sinceramente, del corazón. Bienvenidos aqui
en México. Gracias que Ustedes vinieron aqui a México de Alemania."
Richtig peinlich wird es, wenn man als Deutscher bevorzugt wird und die Einheimischen
darunter zu leiden haben. So passierte es mir, als ich während des Cervantino-Festivals
in Guanajuato mit jemandem zu einem kostenlosen Open-Air-Konzert ging. Ein
Polizist vertrieb eine mexikanische Familie, die bereits den ganzen Tag gewartet
hatte, von ihrem Platz, um uns sitzen zu lassen. Das war sehr, sehr unangenehm,
so dass wir schnell wieder gingen.
Was für Mexikaner den Reiz an Deutschland ausmacht, weiß ich nicht. Sicher
ist jedoch, dass vieles, was aus Deutschland kommt, bewundert wird - VW, Mercedes,
die Scorpions, ja sogar die deutsche Fußballnationalmannschaft...